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Gestern, am Ostersonntag, wurde in einem Online-Gottesdienst die Geschichte von Maria Magdalena erzählt. Sie hat mich den ganzen Tag sehr bewegt. Diese Geschichte, wie sie als erste das leere Grab Jesu findet, steht im Johannesevangelium in Kapitel 20.

Ich fasse den Anfang zusammen: Maria Magdalena, eine Nachfolgerin Jesu, geht am Sonntagmorgen zum Grab Jesu.

Maria ist zutiefst erschüttert. Die letzten Jahre ist sie Jesus nachgefolgt, hat ihn erlebt, wie er den Menschen begegnete, wie er sie heilte, wie er ihnen von einem liebevollen und vergebenden Gott erzählte. Maria hatte ihn geliebt. Er war der Mittelpunkt ihres Lebens geworden.

Aber vor 2 Tagen, am Freitag, war er getötet und in einem Felsgrab bestattet worden. Seitdem ist ihre Welt zusammengebrochen. Sie weiss nicht, wie sie nun weiterleben soll. So läuft sie aus der Stadt hinaus zum Grab, um dort zu trauern.

Aber als sie aus der Ferne das Grab sieht, bekommt sie einen Schock: der Stein, der das Grab verschlossen hatte, ist weg. Es steht weit offen. Sie traut sich nicht näher heran aus Angst davor, was sie sehen wird. Wurde das Grab geschändet? Wurde ihr geliebter Lehrer von der Obrigkeit weggeholt, damit seine Nachfolger keinen Märtyrerkult um ihn aufbauen können?

Voller Schrecken läuft sie zurück zu den anderen, die sich seit der Festnahme Jesu versteckt hatten. Die können es nicht glauben: der Leichnam soll weg sein? Und zwei von ihnen, Petrus und Johannes, laufen zum Grab um zu sehen, was wirklich passiert ist. Sie untersuchen das Grab: Jesus ist wirklich nicht da. Dann schreibt Johannes kurz und knapp: “sie glaubten”, und dass sie wieder zurück zu den anderen gingen. Maria Magdalena blieb allein zurück.

Während die Männer keine offensichtliche Reaktion zeigten, steht Maria immer noch weinend am Grab. Schließlich traut sie sich hineinzuschauen. Und dann beschreibt Johannes:

Da sah sie an der Stelle, wo der Leib Jesu gelegen hatte, zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen am Kopfende und den anderen am Fußende. “Frau, warum weinst du?”, fragten sie. Maria erwiderte: “Sie haben meinen Herrn fortgetragen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.” Als sie über die Schulter zurückblickte, sah sie auf einmal Jesus dastehen, erkannte ihn aber nicht. Er sagte: “Frau, warum weinst du? Wen suchst du?” Sie dachte, es sei der Gärtner, und sagte: “Herr, wenn du ihn fortgenommen hast, sag mir bitte, wo er jetzt liegt. Dann gehe ich und werde ihn holen.” “Maria!”, sagte Jesus. Da drehte sie sich um und rief: “Rabbuni!” Das ist Hebräisch und heißt: “Mein Lehrer!” (Joh. 20, 12-16)

Über diese Geschichte habe ich gestern viel nachgedacht. Die Männer kamen und sahen, dass Jesus weg war. Aber wir hören nichts von irgendwelchen Gefühlen: keine Angst, keine Wut, keine Trauer. Nur, fast wie zur Ehrenrettung: “sie glaubten”. Was meint Johannes damit? Jesus hatte unter anderem über die Auferstehung der Toten gelehrt. Nun erinnerten sie sich wahrscheinlich daran. Das erscheint mir schon ziemlich eigenartig. Kein Erschrecken, keine Begeisterung, nicht einmal ein Erstaunen, das Johannes eine Erwähnung wert gewesen wäre.

Sie gehen einfach nach Hause. Aber Jesus begegnen sie dabei nicht.

Maria Magdalena aber ist erschüttert, verzweifelt, als sie das leere Grab sieht. Sie nimmt eine Bewegung hinter sich wahr, schaut sich um - aber ihre Augen sind so voller Tränen, dass sie ihren Freund, ihren Meister, ihren Lehrer nicht erkennt. Erst als er sie mit ihrem Namen anspricht, versteht sie, wer da vor ihr steht.

Diese Geschichte hat mich sehr berührt. Während Petrus und Johannes sich mit der intellektuellen Erkenntnis zufriedengeben, dass Jesus mit seiner Lehre Recht gehabt hat, macht Maria Magdalena sich auf die Suche nach ihrem Geliebten, nach dem Einen, dem ihr Herz gehört. Sie gibt sich nicht zufrieden. Sie durchsucht die Grabeshöhle, und als sie meint, sie habe den Verantwortlichen für Jesu Verschwinden gefunden, will sie den Leichnam wieder ins Grab zurückholen. Aber dann hört sie ihren Namen: “Maria!” Und plötzlich ist alles anders.

Siehst du, was hier passiert? Von den Nachfolgern Jesu ist Maria die, die sich wirklich auf die Suche nach Jesus macht. Die sich nach ihm sehnt, die nicht locker lässt. Und sie begegnet ihm. Nein: eigentlich begegnet nicht Maria Jesus. Es ist Jesus, der auf Maria zukommt. Sie erkennt ihn erst, als er sie mit ihrem Namen anspricht.

Wenn du dich nach Gott sehnst, dann darfst du dir sicher sein, dass er auf dich zukommt. Wenn du in einer Not bist, wenn du verzweifelt bist, wenn du die Nähe Jesu so dringend brauchst, wenn du nicht weisst, wie es ohne ihn weitergehen soll - dann gib nicht auf. Dann gib dich auch nicht damit zufrieden, Lehraussagen über ihn für wahr zu halten. Wie zum Beispiel, dass er auferstanden ist, oder dass er immer da ist. Das ist zwar gut und richtig, aber das haben auch Petrus und Johannes geglaubt, und sie haben Jesus nicht gesehen. Nein: wenn du dich wirklich auf die Suche nach Jesus machst, so lese ich es aus dieser Geschichte, dann wird er dich finden. Du wirst ihm persönlich begegnen. Du wirst ihn erkennen, wenn du dich mit deinem Namen angesprochen fühlst.

Und das wünsche ich dir und mir: dass wir in diesen Tagen Jesus begegnen, dem, der auferstanden ist.

Ich wünsche dir einen gesegneten Tag, und noch eine schöne Osterzeit.



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Quellen:

Titelbild: Public Domain, [commons.wikimedia.org]