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Dies ist der letzte Teil eines vierteiligen Posts.

Ausgehend von dem “Missionsbefehl” haben wir uns in den vergangenen Posts angeschaut, worum es Jesus bei diesem Auftrag an seine Nachfolger eigentlich geht. Er sagt:

Geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. (Mt. 28, 18-20; NG)

Sie sollen andere Menschen genauso zu Jüngern Jesu machen, wie sie selbst seine Jünger sind. [Das zentrale Anliegen Jesu] ist also, dass seine Nachfolger wirklich seine Jünger sind, und dass sie andere zu Jüngern ausbilden.

Was aber ist ein Jünger? Zur Zeit Jesu war das jemand, der alles stehen und liegen ließ, um einem Meister zu folgen, mit ihm zu leben, 24 Stunden, jeden Tag. Sein Ziel war es, so viel wie möglich von ihm zu lernen, ihn selbst in Kleinigkeiten zu imitieren. Dafür ließ er sein ganzes Leben zurück: alles, was er sich aufgebaut hatte, sein Geschäft, seine Familie.

Der Fokus eines Jüngers, seine Aufmerksamkeit, war vollkommen auf seinen Meister gerichtet. Jesus lehrte seine Nachfolger, indem er sein ganzes Leben mit ihnen teilte. Er reiste mit seinen Jüngern, er aß mit ihnen, und wohnte mit ihnen zusammen. 24 Stunden am Tag lernten die Jünger, ihren Meister bewusst nachzuahmen.

Ein Jünger zu sein, war also etwas unglaublich Radikales. Und Jesus gibt seinen Jüngern in dem “Missionsbefehl” den Auftrag, anderen Menschen diese Lebensweise weiterzugeben, sie ebenfalls zu seinen Jüngern zu machen.

Aber gerade diese Radikalität erschreckt mich. Vor einiger Zeit, während eines Gebetsabends in meiner Gemeinde, drückte ich es so aus: “Bin ich eigentlich wirklich ein Jünger Jesu?”

Ja: ich bin Christ. Ich wuchs in einem guten, christlichen Elternhaus auf. Zu Hause beteten wir regelmäßig zusammen, gingen als Familie jeden Sonntag in die Kirche. Danach las mein Vater uns Kindern aus der Kinderbibel vor. Für diese Zeit bin ich sehr dankbar. In meiner Jugend kam ich dann mit freikirchlichen Gruppen in Kontakt, und habe in einem Gottesdienst dann ausdrücklich “mein Leben Jesus gegeben”, wie wir es nannten.

Die logische Folge war für mich dann das Theologie-Studium. Ich fand eine Gemeinde, durfte dort ziemlich bald predigen, wurde in den Lehrdienst berufen, und schließlich in die Gemeindeleitung, in der ich über 20 Jahre mitarbeitete.

Also: Warum kann ich dann die Frage in den Raum stellen, ob ich wirklich ein Jünger Jesu bin?

Natürlich habe ich in all den Jahren viel gelernt. Aber bei den ersten Nachfolgern Jesu sah das ganz anders aus. Allein der Entschluss, alles zu verlassen, um zu lernen, intensiv zu lernen, ist meilenweit von meinem Leben entfernt.

Was bedeutete es damals, Jesu Jünger zu sein? Der Anspruch war groß:

Sie wollten ihr Leben so leben, als würde Jesus es leben.

Und dahin gab es nur einen Weg: Stets mit Jesus zusammen zu sein, ihn genau zu beobachten, und seine Verhaltensweisen in ihr Leben einzubauen.

Und genau das fehlt mir. Natürlich habe ich bestimmte Wesenszüge Jesu verinnerlicht, und ich versuche, sie zur Grundlage meiner Entscheidungen zu machen. Und so wachse ich im Laufe der Zeit auch etwas. Ich habe sicher auch Züge eines Jüngers, in den Bereichen, in denen mein Verhalten und meine Überzeugungen von Jesus geprägt sind. Aber was mir fehlt, ist das, was die Jünger damals taten: das andauernde Beobachten Jesu. Der unbedingte Wille, ihm immer ähnlicher zu werden. Und das ist eben genau das, was einen Jünger ausmacht. Dass ich mein Leben so lebe, als würde Jesus es leben.

Ich würde mich also eher einen begeisterten Nachfolger Jesu nennen, als einen Jünger. Ein sehr wichtiger Unterschied.

Wie werde ich ein konsequenterer Jünger?

So habe ich mir die Frage gestellt: Wie werde ich denn ein konsequenterer, bewussterer Jünger?

Die ersten Jünger hatten es in einer Hinsicht da viel einfacher: Sie konnten Jesus beobachten, mit ihm diskutieren, Verhaltensweisen ausprobieren, die sie bei ihm sahen. Und er konnte ihnen helfen, wenn sie nicht weiterkamen.

Diese Möglichkeiten haben wir heute nicht. Aber was wir haben, sind einige Hilfsmittel, um bessere Jünger Jesu zu werden. Im Jünger-Sein zu wachsen.

Hilfsmittel

Die Evangelien

Als Erstes haben wir die Evangelien, in denen wir sehen können, wie Jesus gelebt hat. Ein Jünger zu werden bedeutet ja, den Meister zu imitieren.

Dafür ist es hilfreich, die Evangelien zum Beispiel mit folgenden Fragestellungen zu lesen:

  • Wie ist Jesus auf Menschen zugegangen?
  • Wie hat er mit ihnen geredet?
  • Wie hat er auf Angriffe reagiert?
  • Was hat er getan, wenn er jemandem begegnete, der in einer Notlage war?
  • Wie hat er den Menschen über seinen Vater-Gott erzählt?
  • Wie sah sein praktisches Glaubensleben aus?
  • Welche Lehren sind uns von ihm überliefert?

Auch wenn wir dem Menschen Jesus nicht mehr direkt begegnen können, so können wir doch versuchen, das selbst zu leben, was wir von ihm in den Evangelien entdecken.

Wie geht das konkret? Wenn du ernst machen willst: wie kann das aussehen? Ich sag dir einmal, wie ich das für mich mache, und wie du es versuchen kannst. Dies ist nur ein Vorschlag; es ist eben der Weg, der für mich am hilfreichsten ist.

  1. Entscheide dich bewusst dafür, ein konsequenterer Jesu Jünger zu werden. Es kann helfen, wenn du diesen Entschluss zum Beispiel in dein Tagebuch schreibst. Oder du legst dir vielleicht sogar extra dafür ein Heft oder ein Dokument im Computer an, in dem du deine Erfahrungen mit dem Jünger-Sein einträgst.
  2. Nimm ein Evangelium als Anleitung, als Handbuch. Beginn am Anfang eines Evangeliums, und lies es langsam und genau. Achte auf jede Stelle, in der du sehen kannst, wie Jesus war, was er wie tat, oder was er lehrte.
  3. Sobald du so etwas entdeckst, überleg dir: ist das für mein Leben relevant? Kann ich daraus etwas lernen? Wie kann ich das konkret in meinem Alltag umsetzen? Und dann versuche es, für einen oder mehrere Tage. Schreib deine Erfahrungen auf.
  4. Nach dieser Zeit überleg dir, wie es dir gelungen ist. Brauchst du noch mehr Übung? Kannst du etwas verbessern? Oder brauchst du Hilfe? Mit wem kannst du darüber sprechen? Auch das halte wieder in deinem Tagebuch fest.
  5. Und dann lies weiter in deinem Evangelium, bis zu der nächsten Stelle, in der du sehen kannst, wie Jesus war, was er wie tat, oder was er lehrte.

Es geht dabei nicht darum, unbedingt dieselben Dinge zu erleben, die in der Bibel beschrieben sind. Es geht darum herauszufinden, was es für dich persönlich bedeutet, Jünger Jesu zu sein.

Ich glaube, niemand wird ein Jünger im Sinne Jesu aus Zufall. Da braucht es schon einen festen Entschluss. Ich bin auch gerade auf dem Weg. Ich habe dazu mit meinem Lieblings-Evangelium begonnen: dem Markus-Evangelium.

Der Heilige Geist

Das zweite Hilfsmittel, um als Jünger Jesu zu wachsen, ist der Geist Gottes. Jesus sagt:

Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. (Joh. 14, 26; EÜ)

Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört […] Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. (Joh. 16, 13f; EÜ)

Stark, oder? Wenn du dich auf den Weg machst, ein konsequenterer Jünger Jesu zu werden, bist du niemals allein. Wenn du mit einem Evangelium arbeitest, dann ist der Heilige Geist da und erklärt dir, was für dich wichtig ist. Er wird dir helfen.

Aber auch in Situationen ist er da, für die du kein Beispiel in der Bibel findest. Je mehr du verstehen lernst, wie Jesus ist, desto leichter wirst du die leisen Hinweise des Heiligen Geistes in deinem Alltag entdecken.

Freunde, die auf demselben Weg sind

Wir können uns auch gegenseitig helfen. Sprich in deiner Kleingruppe über deine Fragen, deine großen und kleinen Erfolge und Misserfolge. Betet füreinander, hört gemeinsam auf das, was der Heilige Geist gerade betonen will.

Das sind einige Wege, wie wir als Jünger Jesu wachsen können.

Gefahr: Perfektionismus

Vielleicht würdest du gerne mehr wie Jesus werden. Das zieht dich an. Aber dann bekommst du Angst. Was ist mit den ganzen radikalen Aussagen in der Bibel? Verlangt Jesus nicht viel mehr, als du leisten kannst? Was, wenn er dich in die Mongolei in die Mission schicken will?

Nun: Jesus nimmt kein Blatt vor den Mund. Er stellt tatsächlich radikale Forderungen. Zum Beispiel:

Wenn jemand mein Jünger sein will, muss er sich selbst verleugnen, sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten. (Mk. 8, 34f; NGÜ)

Es geht ihm also um bedingungslose Loyalität. Radikaler geht es nicht. Außer vielleicht bei Paulus:

[Wir sollen] alle in unserem Glauben und in unserer Kenntnis von Gottes Sohn zur vollen Einheit gelangen und […] eine Reife erreichen, deren Maßstab Christus selbst ist in seiner ganzen Fülle. (Eph. 4, 13; NGÜ)

Hast du das schon einmal gelesen? Der Maßstab für dein Leben könnte nicht höher sein: Er ist nicht geringer als der Christus in seiner ganzen Fülle. Unmöglich, oder?

Aber lass dich von diesem unmöglich scheinenden Anspruch nicht abschrecken. Schauen wir uns einmal an, wie Jesus seine Jünger ausgebildet hat: Er hat ihnen kleine Aufgaben gegeben. Sie konnten sich ausprobieren in praktischen Dingen: in der Organisation von Events, z.B. der Besorgung von Essen für die Leute, die Jesus zuhörten. Oder Jesus schickte sie in die benachbarten Dörfer, damit sie selbst mit anderen über das Reich Gottes sprechen, über die Liebe des Vater-Gottes. Und dann kamen sie wieder zusammen, und Jesus gab ihnen Feedback.

Jesus ging niemals davon aus, dass ein Jünger perfekt sein würde. Der Standard, das Ziel ist hoch. Aber Jesus arbeitet mit dem, was seine Nachfolger geben können.

Ein wunderbares Beispiel ist die endgültige Sendung der Jünger: die Bibelstelle, die wir zu Anfang gelesen haben: “Geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.” Aber weißt du, was unmittelbar vor dieser Bibelstelle steht?

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder, einige aber hatten Zweifel. (Mt. 28, 16f; EÜ)

Jesus wusste, dass seine Schüler nicht perfekt waren. Trotz allem, was sie in den Jahren mit ihm erlebt hatten, gab es einige, die immer noch nicht sicher waren. Aber das Tolle ist: Obwohl einige unserer Meinung nach dem Maßstab ganz sicher nicht genügen, obwohl sie nach all den Jahren immer noch an Jesus zweifeln, vertraut Jesus ihnen trotzdem sein Lebenswerk an.

In der Nachfolge Jesu hat Leistungsdenken keinen Platz, oder die Sorge, nicht gut genug zu sein. Obwohl Jesus seinen hohen Standard nicht zurücknimmt: Er arbeitet mit dem, was wir geben können. Er tadelt seine Nachfolger nicht einmal wegen ihrer Zweifel.

Unsere heutigen Herausforderungen sind anders als die zur Zeit Jesu. Vielleicht ist dein Alltag sowieso schon viel zu vollgestopft: mit Arbeit, Kindern, Schule, Ehrenamt. Da bleibt nicht viel. Vielleicht kannst du nur ein bisschen geben. Aber das ist genug. Und genau das will Jesus einsetzen.

Ich möchte dich also ermutigen, ein konsequenterer Jünger Jesu zu werden. Einen möglichen Weg dazu habe ich dir gezeigt. Sprich mich gerne an, wenn du dazu Fragen hast.

Sei gesegnet!



Alle Teile dieser Serie:



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Titelbild:

Lyricmac at [English Wikipedia]. [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons.